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Ingolf Seidel

Ingolf Seidel arbeitet seit 2009 für das Bildungsportal "Aus der Geschichte lernen" und ist verantwortlich für Redaktion und Projektmanagement. Er führt Seminare zur (historischen) politischen Bildung durch und konzipiert Bildungsmodule.

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Geschichte gemeinsam erleben

Geschichte und Gegenwart im Deutsch-Tschechischen Jugendaustausch
22. Februar 2021
Gedenkstätte in Hodonín u Kunštatu. Foto: Ingolf Seidel.

Unter dem Motto „Gemeinsam erinnern für eine gemeinsame Zukunft“ rückte im bilateralen Jugendaustausch zwischen Deutschland und Tschechien in den letzten Jahren die Beschäftigung mit der gemeinsam Geschichte in den Mittelpunkt.

Internationaler Jugendaustausch war bis vor nicht wenigen Jahren geprägt durch Landeskunde und folkloristische Elemente. Der Ursprungsgedanke solcher offizieller Austausch- oder Begegnungsangebote steht mit dem heute etwas antiquiert klingenden Begriff der „Völkerfreundschaft“ in Verbindung. Zu den folkloristischen Elementen gehören beispielsweise gemeinsame Abende bei denen die jeweilige Landeskultur präsentiert wurde. Dass es sich hierbei meist um Homogenisierungen heterogener und diverser Verhältnisse handelt, bei der Minderheiten weitgehend unbeachtet blieben, liegt auf der Hand. Andere Element wie wechselseitige Übungen zur Sprachanimation sind wiederum unverzichtbar. Besonders im deutsch-tschechischen Jugendaustausch sind in den letzten Jahren wesentliche Veränderungen merkbar.

Formaler und historischer Rahmen

Jugendaustauschmaßnahmen zwischen Tschechien und Deutschland werden über ein Büro im tschechischen Plzeň und im deutschen Regensburg koordiniert. Die offizielle Bezeichnung lautet »Koordinierungszentrum Deutsch-Tschechischer Jugendaustausch – Tandem«. Die Themenschwerpunkte und Programme werden im Deutsch-Tschechischen Jugendrat beschlossen, der das wesentliche jugendpolitische Forum zwischen beiden Ländern darstellt. Zu den Aufgaben von Tandem gehört auch die finanzielle Förderung von verschiedenen Formaten der internationalen Jugendarbeit.

Mit einem Schwerpunkt auf (historisch-)politischer Bildung unter dem Motto „Gemeinsam erinnern für eine gemeinsame Zukunft“ wurden im bilateralen Jugendaustausch neue Akzente gesetzt. Damit rückte in den Jahren 2017 – 2019 die Beschäftigung mit der gemeinsamen Geschichte in den Mittelpunkt der tschechisch-deutschen Jugendarbeit. Diese ist in den Geschichtskulturen beider Länder für das 20. Jahrhundert als Konfliktgeschichte verankert, wobei die Rolle des Aggressors in erster Linie auf der deutschen Seite zu verorten ist.

Themen und Förderschwerpunkt „Gemeinsam erinnern für eine gemeinsame Zukunft“

Die die aus dieser Konfliktgeschichte resultierenden Dynamiken haben sich heute aus unterschiedlichen Gründen abgeschwächt. Der generationelle Abstand ist dabei ein Faktor für die erst spät einsetzende Auseinandersetzung um ein gemeinsames Erinnern. Mit dem Programm „Gemeinsam erinnern für eine gemeinsame Zukunft“ in den Jahren 2017-2019 konnte Tandem an bereits bestehende Kontakte zu Gedenkstätten in Deutschland und Tschechien anknüpfen, aber auch neue Verbindungen schaffen. Zu den bewährten Kontakten und Maßnahmen gehört das „Internationale, interkulturelle Fußballbegegnungsfest“ des Vereins Tüpfelhausen. Neu ist die Beteiligung der Gedenkstätte in Hodonín u Kunštatu, die durch das Museum der Roma-Kultur in Brno getragen wird. Sie ist am historischen Ort eines ehemaligen „Zigeunerlagers“ während der deutschen Besatzung gelegen, das unter tschechischer Kommandantur und Bewachung stand. Aus Hodonín wurden Roma in das Lager Auschwitz zur Vernichtung deportiert. Die Auseinandersetzung über diese Mittäterschaft am nationalsozialistischen Völkermord an den Sinti und Roma ist in der tschechischen Gesellschaft bis heute prekär. Aus diesem Grund ist die Beteiligung der Gedenkstätte Hodonín auch auf symbolischer Ebene ein wichtiges Zeichen. Zu den Maßnahmen die den Völkermord an Sinti und Roma thematisiert haben gehörte eine zweitägige Fortbildung mit Lehrkräften und Multiplikatoren der außerschulischen Bildung aus beiden Ländern. Angesichts der komplexen Gemengelage ist es wichtig nicht zu vergessen, dass das tschechische Handeln erst möglich wurde vor dem Hintergrund der deutschen Besatzung beziehungsweise, dass es in die nationalsozialistische Vernichtungspolitik eingebunden war.

2020 – Beginn eines neuen Schwerpunkts während einer Pandemie

Mit dem Jahr 2020 wurde durch Tandem ein neuer inhaltlicher Schwerpunkt für die kommenden vier Jahre ausgerufen. Unter dem Titel »Jugend gestaltet Zukunft« sollen Themen wie Diversität, Partizipation und Demokratie im deutsch-tschechischen Jugendaustausch aufgegriffen werden. Stärker noch sollen historische und politische Bildung, Geschichte und Gegenwart dabei verbunden werden. Das deutsch-tschechische Jugendtreffen im November 2019 verdeutlichte viel Bedarf der Jugendlichen an Auseinandersetzungen um die politischen und gesellschaftlichen Probleme dieser Zeit. Für die Einbeziehung der historischen Perspektive stehen die erneut Gedenkstätten zur Verfügung. Welche Themen bearbeitet und wie sie mit den Herausforderungen der Gegenwart verknüpft werden, wird bei weiteren Treffen herausgearbeitet, die jedoch erst mit dem Ende der Covid-19-Pandemie möglich sein werden.

Die Arbeitsgemeinschaft Frieden und Entwicklung (FriEnt) ist ein Zusammenschluss von staatlichen Organisationen, kirchlichen Hilfswerken, zivilgesellschaftlichen Netzwerken und politischen Stiftungen.

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