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Joshua Rogers

Joshua Rogers is a Senior Project Manager working on the Berghof Foundation’s political dialogue work in Yemen and on Yemen in the Gulf region. He advises on strengthening inclusive local governance in Yemen and leads Berghof’s efforts to integrate thinking about corruption into peace processes and political dialogue efforts. He can be contacted via this link.

Augen zu und durch

Konflikttransformation braucht Anti-Korruptionsbemühungen
28 June 2022
Anti-Korruption | Nathaniel-tetteh-eMZS62sfCDo | Unsplash

Korruption verhindert häufig die Demokratisierung und Stabilisierung von Post-Konflikt-Gesellschaften. Dennoch ignorieren viele Friedensakteure Korruption. Sie versuchen Gewalt zunächst zu beenden, ohne ‚korruptionssensibel‘ vorzugehen. Joshua Rogers argumentiert, dass Friedensakteure nicht nur konfliktsensibel, sondern auch korruptionssensibel vorgehen sollten und tritt dafür ein, Antikorruptions- und Friedensarbeit zusammen zu bringen.

Expert*innen aus den Bereichen Antikorruptions- und Friedensarbeit arbeiten selten zusammen, um dauerhaften Frieden zu sichern. Jüngste Erfahrungen in Afghanistan und anderswo haben (wieder) gezeigt, dass ein solches Vorgehen zu kurz greift. Zusammen haben das norwegische Anti-Corruption Resource Centre (U4) und die deutsche Berghof Foundation, die auf die transformative Unterstützung von Friedensprozessen spezialisiert ist, ein Mapping vorgelegt. Es zeigt, wo Ansatzpunkte liegen könnten, um Anti-Korruptions-Maßnahmen sensibel in Konflikttransformationsprozesse zu integrieren.

Altbekannte Teufelskreise… aber keine Änderung in der Praxis

Gewaltsame Konflikte schaffen oft ein günstiges Umfeld für Betrug, Bestechung und Unterschlagung. Im Westbalkan, im Irak, in Afghanistan und anderswo haben unzureichende Antikorruptionsbemühungen in Friedensprozessen und in Post-Konflikt-Situationen dazu beigetragen, fragile Friedensabkommen durch Instabilität, Ausgrenzung und Ausbeutung zu untergraben.

Während diese und andere Krisen in den letzten Jahrzehnten immer wieder Interesse an Korruptionsbekämpfung in Friedensprozessen und Post-Konflikt-Situationen geweckt haben, hat sich in der Praxis wenig geändert. Das hat eine Reihe von (guten) Gründen: „schmutzige Abmachungen“ werden manchmal als notwendig angesehen, um Gewalt zu beenden; unvorsichtig umgesetzte Anti-Korruptionsmaßnahmen können Post-Konflikt-Kontexte destabilisieren; und Mediator*innen befürchten häufig, dass ihre Beziehungen zu Konfliktparteien Schaden nehmen könnten, wenn sie Korruption direkt ansprechen. Gleichzeitig bevorzugen Antikorruptionsakteure häufig technische Lösungen und scheuen „politische“ Friedensverhandlungen.

Wir brauchen mehr Interaktion und Integration

U4 und die Berghof Foundation haben sich zusammengetan, um Praktiker*innen Wege aufzuzeigen diese „Arbeitsteilung“ zu überwinden. Dabei zielen Mediator*innen zunächst darauf ab, ein Friedensabkommen zu erreichen. Erst danach versuchen Anti-Korruptions-Akteure, Transparenz herzustellen und Verantwortlichkeiten zu klären.
Anti-Korruption in Konfliktkontexten bedeutet zuallererst, keinen Schaden anzurichten (do no harm). Praktiker*innen müssen anerkennen, dass die Arbeit in Konfliktkontexten häufig auch ein Arbeiten in korrupten Kontexten bedeutet. Daher sollten sie berücksichtigen, wie sich ihre Arbeit auf Korruption und Korruption auf ihre Arbeit auswirkt.
Idealerweise beschließen sie auch, an Korruption zu arbeiten, das heißt, Wege zu finden, Korruptionsbekämpfung in Friedensprozesse einzubeziehen oder Friedenskonsolidierung zu unterstützen. Damit werden Rechenschaftspflichten, Integrität und integrative Regierungsführung.

Arbeiten IN Korruption und Konflikten

Um in Kontexten, die von gewaltvollen Konflikten und Korruption gekennzeichnet sind, erfolgreich zu agieren, bedarf es einer Analyse der politischen Ökonomie. Gleichzeitig müssen die Akteure verstehen, wie Macht- und Konfliktdynamiken darauf einwirken, wie Korruption organisiert und aufrechterhalten wird. Da die Beteiligten Korruption sehr unterschiedlich wahrnehmen, sollte eine Multi-Stakeholder-Perspektive einfließen. Diese sollte geschlechtsspezifische Dimensionen besonders in den Blick nehmen.

Es ist nötig, nicht nur „konfliktsensibel“ zu agieren, sondern auch „korruptions-sensibel“ zu sein. Das kann helfen zu vermeiden, dass Patronagenetzwerke, die aus dem Konflikt hervorgegangen sind, Demobilisierungs- und Wiedereingliederungsprogramme untergraben. Korruptionssensibles Vorgehen zeigt aber auch auf, wie Patronage und damit einhergehende soziale Erwartungen berücksichtigt werden müssen, um bewaffneten Gruppen den Übergang zur Gewaltlosigkeit zu ermöglichen. Eine solche Analyse kann auch beleuchten, welche Formen der Korruption den Frieden längerfristig am stärksten bedrohen, zum Beispiel wenn sie die Legitimität der Friedensordnung durch Exklusion und Selbstbereicherung unterminieren. In korrupten Kontexten arbeitsfähig zu sein bedeutet auch, Integritätsprinzipien zu entwickeln, die definieren, wie Ressourcen nach Konflikten bereitgestellt werden. Diese Prinzipien sollten die „Rechenschaftspflicht nach unten“ betonen und direkt für diejenigen überprüfbar sein, die von den Interventionen betroffen sind.
Geber sollten auch ihren Null-Toleranz-Ansatz überdenken, da dieser dazu führen kann, dass Korruptionsherausforderungen strategisch ignoriert werden. Denn jede Anschuldigung kann sofort zum Stillstand von Aktivitäten und dem Einfrieren von Budgets führen. „Good enough“-Ansätze für die Sorgfaltspflicht könnten Organisationen mehr Raum geben, um offen und offensiv mit Korruption umzugehen und korruptionssensible Maßnahmen zu entwickeln.

Arbeiten AN Korruption und Konflikten

Korruptionssensibilität ist das nötige Minimum für die Friedensarbeit in korrupten Kontexten. Idealerweise zielt Friedensarbeit aber darauf ab, Ansatzpunkte für Antikorruptionsmaßnahmen in Friedensprozesse und in Friedenskonsoliderung einzubauen.
Mit politischen oder militärischen Führungspersönlichkeiten können Friedensakteure einen schrittweisen Ansatz verfolgen, der im Laufe der Zeit an politischem Ehrgeiz und technischer Raffinesse gewinnen kann. Ein möglicher Ausgangspunkt ist die Zusammenarbeit mit Konfliktparteien, um eine Anti-Korruptionsagenda in Friedensprozesse aufzunehmen und Grundprinzipien, Mechanismen und Zukunftsversprechen auszuarbeiten. Dabei kann auch an das „richtig verstandene Eigeninteresse“ der Konfliktparteien appelliert werden, um mit Maßnahmen wie der Offenlegung von Vermögenswerten die Legitimität von Friedensgesprächen zu stärken und die Kontrolle von Gegner*innen zu erleichtern.

Mit gesellschaftlichen oder regionalen Führungspersönlichkeiten können Friedensakteure Antikorruptionsbemühungen unterstützen, indem sie darauf drängen, Akteure mit einer Antikorruptionsagenda in Friedensgespräche einzubeziehen. Das kann helfen, Korruption auf die Agenda zu setzen. Dabei ist es wichtig, sichere Räume für den Dialog zu schaffen und die Risiken für lokale Akteure mitzudenken und zu minimieren.

Auf dieser Ebene sollten Friedensförderungs- und Antikorruptionsakteure versuchen, ihre Anliegen wechselseitig aufzugreifen und sie gemeinsam zu verfolgen. Zum Beispiel könnten spezialisierte „Korruptions-Wahrheitskommissionen“ ein Mittel sein, um vergangenen Machtmissbrauch zu untersuchen und öffentlich zu machen.

In ihrer Arbeit jenseits gesellschaftlicher Eliten haben Friedensakteure damit begonnen, Mechanismen zur sozialen Rechenschaft mit einzubeziehen, wie in der Friedensbarometer-Initiative in Kolumbien, die das Friedensabkommen von 2016 überwacht. Solche Mechanismen können eine Möglichkeit sein, Anti-Korruptionsmaßnahmen in die Friedensförderung zu integrieren. Auch Programme zur politischen Bildung und Friedenserziehung und Instrumente wie Bürgerhaushalte bieten Überschneidungs- und Ansatzpunkte, um Friedens- und Antikorruptionsthemen wechselseitig aufzugreifen und dadurch die Wirksamkeit von Maßnahmen zu erhöhen.

Nur ein (vielversprechender) Anfang…

Korruptionsbekämpfung und Friedenskonsolidierung haben viele Gemeinsamkeiten, von ihrer transformativen, in sozialer Gerechtigkeit verwurzelten Agenda, bis hin zu ihrem Fokus auf lokales und kollektives Handeln. Beide profitieren überdies von einer systemischen Perspektive auf Veränderung. Die in diesem Mapping skizzierten Vorschläge stellen nur einen Anfang dar. Wir hoffen, dass es die Grundlage für einen Dialog bietet. Ein regelmäßiger Austausch, gemeinsames Nachdenken über neue Ideen und Ansätze und gemeinsames Agenda-Setting gegenüber Geber*innen und anderen externen Akteuren kann dazu beitragen, nachhaltigen Frieden zu sichern.

The Working Group on Peace and Development (FriEnt) is an association of governmental organisations, church development agencies, civil society networks, and political foundations.

Kontakt

Arbeitsgemeinschaft Frieden

und Entwicklung (FriEnt) c/ o GIZ

Friedrich-Ebert-Allee 36

53113 Bonn

Tel +49 228 4460-1916

E-Mail: info@frient.de

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