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Elsa Benhöfer

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Policy Officer for international processes

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EU-Parlament billigt neuen Finanzrahmen 2021-2027

Martina Fischer | Brot für die Welt | Dezember 2020

Der »Konsens für den Frieden«

Elsa Benhöfer | FriEnt | September 2020 

ACP-EU relations: The end of preferences?

Jean-Claude Boidin | ECDPM  | Dezember 2020 

Wie die EU und AU ihre Zusammenarbeit stärken sollten

Julian Bergmann | Deutsches Institut für Entwicklungspolitik | November 2020

Baustellen und Kontroversen der EU-Friedenspolitik

Elsa Benhöfer | FriEnt | Juli 2019 

Es bleibt viel zu tun

Friedenspolitische Dimensionen der deutschen EU-Ratspräsidentschaft
25 February 2021
Andrzej Rembowski | Pixabay

FriEnt begleitet seit 2019 die friedenspolitische Dimension der EU-Präsidentschaft. Aus der Rückschau lässt sich bewerten, inwiefern Deutschland seine Präsidentschaft nutzen konnte, um die europäische Friedenspolitik zu stärken und welche Baustellen bestehen bleiben.

Für sechs Monate hat Deutschland zwischen dem 1. Juli und 31. Dezember 2020 die EU-Ratspräsidentschaft übernommen und damit die Koordination des EU-Geschäfts fortgeführt. Keine einfache Aufgabe in einer Pandemie. FriEnt begleitet bereits seit 2019 die friedenspolitische Dimension dieser Präsidentschaft. In verschiedenen FriEnt-Fachgesprächen zeigte sich, welches Potenzial ein stärkeres deutsches Engagement in den Bereichen Konfliktprävention und Friedensförderung auf EU-Ebene hätte. Doch inwiefern konnte Deutschland seine Präsidentschaft nutzen, um die europäische Friedenspolitik zu stärken? Folgende Bereiche sind für die Beurteilung dieser Frage relevant: Die Verteilung des neuen EU-Haushaltes auf die verschiedenen Kategorien des EU-Außenhandelns, die Ausgestaltung der EU-Außeninstrumente NDICI und EPF, die Neugestaltung globaler Partnerschaften, die Einführung eines Konsensus für Frieden und die Krisenreaktion im Zuge der Covid-19-Pandemie.

Haushaltsverhandlungen: Die EU erhöht die Mittel für ihr externes Handeln

Nach komplizierten Verhandlungen beschloss die EU im Dezember 2020 den Mehrjährigen Finanzrahmen (MFR) für die kommenden sieben Jahre. Der neue MFR umfasst 1,07 Billionen Euro, die sich auf unterschiedliche Kategorien verteilen. Die Kategorie „Nachbarschaft und die Welt“, in der das Budget für den Themenbereich „Frieden“ angesiedelt ist, wurde mit 98,419 Milliarden Euro dotiert. Ein Gewinn für das externe Handeln der EU, beachtet man, dass das Außenhandeln der EU im Kapitel „Global Europe“ des vergangenen MFR lediglich 58,7 Milliarden Euro erhielt. Dies ist zunächst ein positives Zeichen und schafft auch neues Potenzial für die Friedensförderung, deren Ansätze nicht zuletzt in der Bearbeitung der Folgen der Covid-19-Pandemie dringend gebraucht werden, wie FriEnt bereits kommentierte.

NDICI steht in den Startlöchern

Zusammen mit dem MFR wurde die Einführung des Instruments für Nachbarschaft, Entwicklungszusammenarbeit und internationale Zusammenarbeit (NDICI) beschlossen. Das NDICI bietet die Möglichkeit, das Budget der ehemals unterschiedlichen EU-Außeninstrumente zu bündeln und flexibler einzusetzen.

Die Mittelverteilung des NDICIs orientiert sich an thematischen, geographischen und Rapid Response Komponenten. Laut einer vorläufigen Einigung zwischen Parlament und Rat vom 18. Dezember wurden lediglich 3,182 Milliarden Euro für die Rapid Response Komponente vorgesehen, die Gelder für Friedensförderung, Krisenmanagement und Konfliktprävention beinhaltet. Hinzu kommen weitere 6,36 Milliarden Euro für thematische Programme im Bereich Frieden, Sicherheit und Stabilität. Gemessen an der Gesamtsumme für NDICI (rund 79,462 Milliarden Euro) zeigt sich, dass zivile Konfliktbearbeitung und Friedensförderung kein EU-Schwerpunkt darstellen. Der verabschiedete Entwurf sieht zudem vor, dass Mittel ohne feste Bindung innerhalb der Komponenten einsetzbar sind. Dies ermöglicht es, finanzielle Schwerpunkte nachträglich zu verschieben. Kritiker*innen befürchten, dass Mittel für nachhaltige Entwicklungszusammenarbeit und Friedensförderung nachträglich schrumpfen und stattdessen auf Migration und Ertüchtigung umgelegt werden könnten. Auch FriEnt verwies auf wichtige Herausforderungen und sprach Empfehlungen für eine friedenspolitische Ausgestaltung aus.

Ob sich diese Bedenken bewahrheiten werden, hängt maßgeblich von der konkreten Ausgestaltung der geographischen Säule des NDICIs ab. Noch befindet sich die Verwaltung und Operationalisierung des Instruments im Abstimmungsprozess. Welche langfristige Wirkung das NDICI auf die Friedenspolitik der EU haben wird, wird allein die Implementierung zeigen, die mit dem 01. Januar 2021 begonnen hat.

Ringen um europäische Friedensfazilität geht weiter

Auch die Verhandlungen um die European Peace Facility (EPF) wurden während der deutschen EU-Ratspräsidentschaft entscheidend vorangebracht. Die EPF ist ein neuer Finanzierungsrahmen, der den Aufbau von Verteidigungs- und sicherheitspolitischen Kapazitäten sowie die Friedensmissionen der EU finanzieren soll. Bisherige Maßnahmen der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) mit verteidigungspolitischen Bezügen wurden aus dem EU-Haushalt finanziert. Somit unterlagen sie Art. 41 (2) EUV, welcher die Finanzierung von Militäraktivitäten aus dem EU-Haushalt untersagt. Um gemeinsame Maßnahmen effektiver zu gestalten und diese auch mit Nichtmitgliedstaaten und Partnern wie der AU finanzieren zu können, wurde die EPF aus dem EU-Haushalt ausgelagert. Damit entfällt allerdings auch die Kontrolle durch das Europäische Parlament, das durch die Budgethoheit bisher ein Mitspracherecht geltend machen konnte.

Insbesondere die Abwesenheit von Kontrollmechanismen für den Endverbleib von EU finanziertem militärischen Gerät im Entwurf der Friedensfaszilität wurde scharf kritisiert. In einem friedenspolitischen Blitzlicht ordnete FriEnt die Debatte ein und verwies auf die Herausforderungen, die im Zuge der Ratspräsidentschaft zu lösen seien.

In einem gemeinsamen Statement vom November 2020 richteten sich 40 internationale zivilgesellschaftliche Organisationen an die EU-Mitgliedstaaten und appellierten an die nationalen Regierungen, sich in den Verhandlungen um den MFR und die EPF gegen den Transfer von Kriegsgerät und für strengere Prüf- und Kontrollmechanismen im EPF einzusetzen. Im Dezember 2020 kam es zu einer Einigung über die EPF. Inwieweit sich die zivilgesellschaftlichen Appelle in strengeren Kontrollmechanismen in dem EPF Entwurf spiegeln, bleibt abzuwarten. Fraglich ist, wie die Zusammenarbeit mit Partnern ausgestaltet sein wird und wie hoch die EPF budgetiert werden wird. Entscheidend hierfür ist die Beratung der EPF-Vorlage im Frühjahr 2021 im Trilog zwischen Rat, Parlament und Kommission, deren Ergebnisse anschließend in eine finale Verordnung überführt werden müssen.

Weichenstellungen für globale Partnerschaften

Mit dem Auslaufen des Cotonou-Abkommens und Gesprächen über eine neue EU-AU-Partnerschaft ergab sich während der deutschen EU-Ratspräsidentschaft die Möglichkeit, die friedenspolitische Zusammenarbeit mit globalen Partnern neu zu definieren. Nachdem die EU Kommission am 9. März 2020 einen ersten Entwurf der neuen EU-Afrika-Strategie präsentierte, wurde der EU-AU Gipfel und die damit einhergehenden weiteren Verhandlungen aufgrund der Covid-19 Pandemie auf 2021 verschoben. Zu einem Abschluss kam es hingegen bei der Verhandlung des Post-Cotonou Abkommens mit der Organisation der afrikanischen, karibischen und pazifischen Staaten (OACPS). Am 3. Dezember unterzeichneten Vertreter*innen ein Abkommen, welches die EU-OACPS Beziehungen für die kommenden 20 Jahre strategisch leiten soll. Trotz des Festhaltens an den Wirtschaftspartnerschaftsabkommen (EPAs), sind die Ziele des Post-Cotonou Abkommens im Vergleich zum Vorgängerabkommen vermehrt politischer Natur. Die explizite Nennung von Menschenrechten sowie Frieden und Sicherheit wird von zivilgesellschaftlichen Akteuren als Fortschritt begrüßt. Durch drei Regionalprotokolle sollen dabei die regionalen Feinheiten besser zum Tragen kommen. Dabei räumt das Afrikaprotokoll der kontinentalen Agenda der Afrikanischen Union viel Platz ein und erkennt die politische Richtung, die auf den EU-AU-Gipfeln ausgehandelt und beschlossen wird, explizit an. Dies bietet Möglichkeit, das Post-Cotonou Abkommen sowie die EU-Afrikastrategie enger miteinander zu verzahnen. Wie bereits im FriEnt-Blog betont, könnte der zeitliche Aufschub der EU-AU Verhandlungen eine Chance darstellen, die friedenspolitische Komponente weiter zu stärken und durchschlagende Wirkung auch für das Afrikaprotokoll des Post-Cotonou Abkommens zu entwickeln.

Konzept für EU-Friedensmediation verabschiedet

Zum Ende der deutschen Ratspräsidentschaft befürworteten die Mitgliedsstaaten per Ratsbeschluss ein verstärktes EU-Engagement im Bereich der Friedensmediation und veröffentlichten ein aktualisiertes Konzept zur EU-Friedensmediation. Flankiert wird das Dokument von Richtlinien des Europäischen Auswärtigen Dienstes (EAD), welche das Konzept neun thematischen Prioritäten zuordnen und Umsetzungshilfen für EU-Mediator*innen sowie Partnern aufzeigen. Eine ausführlichere Analyse des Konzeptes finden Sie im FriEnt Impulsartikel.

Zivilgesellschaftliche Organisationen begrüßten das Konzept und die Bemühungen der deutschen Ratspräsidentschaft, die EU-Instrumente für die zivile Konfliktbearbeitung weiter voranzutreiben. So könnte das Konzept beispielsweise in der friedenspolitischen Säule der EU-Afrika-Strategie verankert werden und auf eine stärkere Zusammenarbeit und einen Erfahrungsaustausch zwischen EU und AU in Sachen Friedensmediation hinwirken.

Notwendigkeit eines „Konsens für den Frieden“

Nicht zuletzt die Debatte um die EPF und ihre Namensgebung als „Friedensfaszilität“ zeigt, dass viele Mitgliedsstaaten friedenspolitische Ansätze mit Sicherheits- oder Stabilisierungsansätzen gleichsetzen. Der fehlende friedenspolitische Konsens zeigt, dass es weder eine Einigung darüber gibt, was gemeint ist, wenn von Frieden und Konfliktprävention gesprochen wird, noch über die Ausrichtung des friedenspolitischen Kurses, den die EU verfolgen soll und möchte. Bereits im Herbst 2019 empfahlen EU-Vertreter*innen während eines Workshops von FriEnt und EPLO einen EU-internen Prozess aufzusetzen, der die Suche nach einem einheitlichen Verständnis unter den Mitgliedsstaaten anstoßen sollte. Dieser Impuls trug Früchte: In den letzten Zügen der Ratspräsidentschaft schlug Deutschland der EU vor, den Prozess für einen friedenspolitischen Konsens aufzunehmen. Ein EU-interner Entwurf, der derzeit von den EU-Institutionen ausgearbeitet wird, soll bereits im Frühjahr vorgestellt und diskutiert werden.

Die EU-Krisenreaktion. „Team Europe“-Ansatz in Zeiten global wachsender Fragilität

Wie im FriEnt-Corona-Blog beschrieben, verstärkte die Covid-19 Pandemie bestehende Konflikte und stellte die globale Solidarität auf die Probe. Maßgeblicher Bestandteil der deutschen EU-Ratspräsidentschaft war daher der Umgang mit Covid-19. Um die Krisenreaktion außerhalb der EU zu koordinieren, rief die EU den „Team Europe“-Ansatz ins Leben. In dieser Initiative bündeln und koordinieren die EU Kommission und die europäischen Finanzinstitutionen ihre Bemühungen für den Umgang mit der Pandemie in Dritt- und Partnerländern. Nachdem der Ansatz eingangs nur die Bereitstellung kurzfristiger Finanzpakte vorsah, hat sich der „Team-Europe“-Ansatz durch eine gemeinsame Kommunikationsstrategie und die finanzielle Anbindung an das NDICI zu einem politischen Instrument weiterentwickelt. Als zentrale Maßnahmen wurden die „Team Europe Initiatives“ (TEIs) initiiert. Diese stellen eine finanzielle Förderung von langfristigen Projekten bereit. Die TEIs sollen mit der „joint programming“ Phase unter dem NDICI umgesetzt und in die externe EU-Politik integriert werden. So soll eine langfristige, strukturelle und transformative Wirkung über die Pandemie hinaus erzielt werden. Insbesondere in Zeiten, in denen die EU neue Partnerschaftsabkommen mit der AU und den OCAP Staaten verhandelt, könnten die TEIs die Wirkung der externen EU-Friedensansätze verstärken. Ob diese Möglichkeit genutzt werden wird, und die TEIs zu friedenspolitischen „flagship projects“ werden, bleibt abzuwarten.

Friedenspolitische Baustellen bleiben bestehen

Deutschland bleibt auch nach dem 31. Dezember ein wichtiges Mitglied der Trio-Ratspräsidentschaft. Diese Position kann die deutsche Bundesregierung nutzen, um friedenspolitische Dimensionen etwa in der Operationalisierung des NDICI und der EPF sowie in der Ausgestaltung der globalen Partnerschaften zu stärken. Den durch Deutschland initiierten Europäischen Konsensus für den Frieden wird FriEnt weiter begleiten und Lernprozesse aus der Umsetzung der deutschen Leitlinien in die Diskussionen einbringen. Gemeinsam mit anderen europäischen Friedensakteuren gilt es sicherzustellen, dass die Verständigung darüber, was EU-Friedenspolitik bedeutet und wie sich die EU strategisch ausrichten sollte, friedensfördernd und konfliktpräventiv ausgelegt wird.

The Working Group on Peace and Development (FriEnt) is an association of governmental organisations, church development agencies, civil society networks, and political foundations.

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