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Die Sicherheitslage in Mali verschlechtert sich kontinuierlich. Es ist klar, dass die Sicherheitsprobleme Malis nicht militärisch gelöst werden können, sondern mit staatlichen Strukturen und Good Governance. Dies kann nur gemeinsam mit den malischen Partner*innen gelingen. Es mangelt aber nicht an Ideen oder gar Beschlüssen für notwendige Reformen, sondern an der Durchführung. Das zerstört das Vertrauen der Bevölkerung. Internationale Partner*innen sollten Bedingungen stellen.
(Antwort) In der Tat hat sich die Sicherheitslage in Mali in den letzten Jahren rapide verschlechtert. Anfangs war es vor allem der Norden, der als unsicher galt und „Probleme machte“. Inzwischen finden die meisten Zwischenfälle in Zentralmali statt, insbesondere in den Regionen Mopti und Ségou. Die Erklärungsansätze, warum dem so ist, sind vielfältig. Es ist wichtig zu verstehen, dass es sich bei den Herausforderungen in Mali nicht nur um reine Sicherheitsprobleme handelt. Vielmehr geht es um ein komplexes Geflecht aus Sicherheitsfragen, fehlender Staatlichkeit und Sicherungen von Grundbedürfnissen. Vieles was in Mali von internationaler Seite aus gemacht wurde, hat aber vor allem einen Sicherheitsaspekt. Inzwischen sehen wir hier jedoch einen Wandel. Es ist klar, dass die Sicherheitsprobleme Malis nicht rein militärisch gelöst werden können, sondern vor allem auf staatliche Strukturen und Aspekte wie Good Governance oder ähnliches setzen müssen.
(Antwort) Die Wahrnehmung von ausländischen Soldat*innen ist in Mali ist sehr unterschiedlich. Viel hängt davon ab, wie präsent die Einsätze in den verschiedenen Regionen sind. In der jährlich von uns durchgeführten Bevölkerungsbefragung Mali Mètre wird deutlich, dass die Wahrnehmung dort besser ist, wo die Einsätze stattfinden und die Soldat*innen präsent sind (Norden, Zentrum). In den südlichen und westlichen Regionen des Landes hingegen ist eine große Mehrheit der Bevölkerung sehr kritisch, was die Missionen angeht. Unter den Punkten, die am stärksten kritisiert werden, ist es vor allem der fehlende Schutz der Zivilbevölkerung, der besonders hervorsticht. Dieser Kritikpunkt wird sowohl gegenüber der MINUSMA als auch der französischen Mission Barkhane geäußert, auch wenn nur erstere den Schutz von Zivilisten in ihrem Mandat hat.
Das deutsche Engagement in Mali wird grundsätzlich positiver bewertet als das anderer Nationen. Dies liegt an der langen Geschichte, die Deutschland und Mali verbindet. So hat Deutschland als erstes Land die Unabhängigkeit Malis anerkannt. Das wird von den Malier*innen auch heutzutage noch sehr geschätzt. Dem französischen Engagement steht man am kritischsten Gegenüber. Eine große Rolle spielt hier die koloniale Vergangenheit.
(Antwort) Unsere Arbeit, wie auch die Arbeit anderer Organisationen vor Ort, ist sehr vielfältig. Vieles in unserer Tätigkeit dreht sich um Capacity building und Erfahrungsaustausch, sei es in der Gewerkschaftsarbeit oder bei den Fragen zu Frieden und Versöhnung. Hierbei müssen wir vor allem die verschiedenen Niveaus unserer Teilnehmenden beachten, da sie aus ganz unterschiedlichen Lebensbereichen kommen. In vielen unserer Projekte stellen der Kenntnisstand und die fehlenden Ressourcen größere Herausforderungen für die Arbeit dar. Hieran müssen wir unsere Arbeit messen, zugleich lassen sich aber auch schnell positive Effekte sehen, vor allem bei der Wissensvermittlung, da sich hier schnell Lücken füllen lassen.
Weiterer Schwerpunkt unserer Arbeit ist das Fördern von Netzwerken unter malischen Organisationen. In der Regel fehlt es nicht an Meinungen zu Themen, sondern daran, dass die notwendigen Stimmen nicht gehört werden. Mit ausgedehnten Netzwerken und Verknüpfungen innerhalb der malischen Zivilgesellschaft arbeiten wir daran, diesen Stimmen
mehr Gehör zu verschaffen.
Wichtige Stütze für unsere Arbeit vor Ort und vor allem für die malische Zivilgesellschaft wäre es, wenn auch im Ausland erkannt würde, welchen wichtigen Beitrag die malischen Stimmen zu den Diskursen über Einsätze und Engagement leisten können. Denn auch im europäischen oder westlichen Diskurs werden lokale Stimmen zu selten gehört.
Über 50 Prozent der Bevölkerung Malis sind unter 18 Jahren. Das durchschnittliche Alter der Bevölkerung wird auf 16,8 Jahre geschätzt. Dennoch ist die malische Politik weiterhin ein
Elitenprojekt, in dem vor allem alte Männer das Sagen haben. Dies muss sich ändern. Bis jetzt sind die Stimmen der jungen Bevölkerung oftmals ungehört. Dies führt zu Frustration und kann Eskalationspotentiale schaffen. Der Mangel an Ressourcen und Bildung ist eine Hürde für viele Arten der Beteiligung. Die hierarchischen, oftmals patriarchalen Strukturen der malischen Gesellschaft stellen eine weitere Herausforderung dar.
Wir als FES arbeiten mit drei Jugendprogrammen in welchen wir junge Leute aus der Zivilgesellschaft, der Politik und den Parteien fördern. Es zeigt sich dabei, dass Programme dieser Art den Teilnehmenden wichtige Impulse für ihr Engagement oder ihre Arbeit geben können, die sich später auszahlen werden. Programme dieser Art sind nützlich, können aber nicht die Mängel im malischen Bildungssystem oder die fehlende Chancengleichheit ausgleichen. Dies kann nur durch staatliche Stellen geschehen.Wichtig wäre es, über Dialogprozesse und die aktive Einbeziehung in politische Entscheidungsprozesse junge Menschen mehr am öffentlichen Leben Malis teilnehmen zu lassen.
(Antwort) Meiner Meinung nach würde es uns in Deutschland guttun, aktiver über unser Engagement im Ausland zu sprechen. In Mali ist Deutschland seit über 60 Jahren präsent und engagiert sich in sehr guten Projekten. Momentan wird vor allem das militärische Engagement in Deutschland diskutiert, aber die deutsche Arbeit vor Ort ist deutlich vielfältiger. Medien
könnten diese Debatte begleiten und aufbereiten, gegebenenfalls auch mit Berichten
von der malischen Zivilgesellschaft oder Eindrücken aus dem Land, die abseits des militärischen liegen. So kann mehr Verständnis für das Land und seine Bevölkerung
geschaffen werden. Ein wichtiger Schritt wäre es, auch aus deutscher Sicht zu diskutieren, was wir hier in Mali machen und erreichen wollen.
Die ma ische Medienlandschaft ist sehr gemischt. Insbesondere durch die sozialen Medien (vor allem Facebook und WhatsApp) verbreiten sich Informationen sehr schnell. Hier gibt es jedoch auch sehr viele Falschinformationen, die über die Kanäle vermittelt werden. Wichtig
für die malischen Medien wäre es, es einen gewissen Standard zu schaffen. Durch die Herausforderungen im Bildungssystem sind Medien wie Radio und Fernsehen oft die einzigen Zugänge zu Informationen, jedoch finden sich auch hier viele Mängel und sehr unterschiedliche Niveaus, die auch von den Ausbildungsstandards in den Medien herrühren.
Wir als FES Mali arbeiten gerade an der Konzeption eines längeren Projektes, welches sich hoffentlich genau diesen Fragen genauer annehmen wird.
(Antwort) Diese Zahlen haben wir auch in der aktuellen Auflage der Umfrage (Juni 2021) bestätigen können. Eine breite Mehrheit der von uns Befragten gab wenig bis keinen Kenntnisstand zu dem Friedensabkommen an. Zur Erinnerung: das Friedensabkommen wurde 2015 zwischen der Regierung in Bamako und Rebellengruppen, die eine Unabhängigkeit des Nordens wollen, geschlossen. Seit Unterzeichnung des Abkommens dient es als eines der wegweisenden Dokumente für die Struktur des malischen Staates und der angesetzten Reformprozesse.
Umso kr itischer ist es zu sehen, dass das Abkommen bzw. sein Inhalt den meisten Personen unbekannt ist. Auch hier spiegelt sich wider, was ich bereits vorher angemerkt habe: die malische Politik als Elitenprojekt sowie Mängel im Bildungssystem und der politischen Beteiligung. Die malische Regierung hat über verschiedene Prozesse bereits versucht, über das Abkommen zu informieren. Es muss jedoch gesagt werden, dass es für weite Teile der Bevölkerung drängendere Sorgen gibt und für Fragen der großen Politik wenig Zeit und Interesse bleibt. Dennoch ist es klar, dass die Zivilgesellschaft stärker in den Prozess einbezogen werden muss. Laut Mali Mètre sprechen sich 51 Prozent der Befragten für eine Änderung des Abkommens aus, sollte es zu diesen Änderungen kommen, könnte auch angepasst werden, wer mit in die Abstimmungsprozesse einbezogen wird.
(Antwort) Sowohl der inklusive Nationaldialog vom Dezember 2019 als auch die nationale Konferenz von 2017 sind dahingehend wichtig, dass sie den Dialogprozess über lange notwendige Entwicklungen in Mali geführt haben. Wenn auch der selbsternannte Anspruch der Inklusion bei beiden Prozessen nicht vollständig erreicht wurde, sind es zumindest Lichtblicke. Auch die Ergebnisse, die verabschiedeten wurden, wie zum Beispiel die Forderungen nach Sicherheitssektor-, Territorial- und Wahlrechtsreformen sind wichtig für die positive Weiterentwicklung des Landes. Woran es vielfach scheiterte, ist die Umsetzung des Beschlossenen. Viele der Beschlüsse bestehen weiterhin vor allem auf dem Papier ohne Umsetzung. Dies bremst nicht nur den Prozess, sondern sorgt auch dafür, dass das Vertrauen in Vorgänge wie den Nationaldialog und die Konferenz verloren wird. Wenn auch umständlich scheinen diese Prozesse jedoch eine der wenigen Möglichkeiten zu sein, einen möglichst großen Teil der Bevölkerung mitzunehmen. Dabei ist es vor allem entscheidend, dass die
unterschiedlichen Regionen entsprechend repräsentiert sind.
(Antwort) Trotz der weiterhin großen Herausforderungen Malis mit Blick auf Sicherheit und politische Instabilität bieten sich durchaus Chancen: Die 18-monatige Übergangsphase, die seit dem Putsch im August 2020 läuft, hat viele internationale Geber*innen wachgerüttelt. Sie beginnen, das eigene Engagement kritisch zu hinterfragen, dies gibt die Möglichkeit adäquatere Ansätze für die Situation zu finden. Dies kann natürlich nur in Zusammenarbeit mit den malischen Partner*innen gelingen. Wichtig für den Prozess ist es, dass geplante Reformen tatsächlich umgesetzt und nicht weiter verschoben werden. Denn, es mangelt vielfach nicht an Ansätzen oder den Ideen für notwendigen Reformen, sondern an der Durchführung.
Hier obliegt es den internationalen Partner*innen Malis dies nachzuhalten und wenn notwendig an Bedingungen zu knüpfen. Auf diese Weise kann sichergestellt werden, dass die
umfangreichen Pläne und Ideen zur Verbesserung der Situation in Mali in die Tat umgesetzt werden.