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Prof. Dr. Tobias Debiel

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PD Dr. Johannes Vüllers

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Literaturhinweise
Polypandemie - Sonderausgabe des Munich Security Report zu Entwicklung, Fragilität und Konflikt in der Covid-19-Ära

Sophie Eisentraut, Luca Miehe, Laura Hartmann und Juliane Kabus I Münchner Sicherheitskonferenz (MSC) I November 2020

Sustained Government Engagement Improves Subsequent Pandemic Risk Reporting in Conflict Zones

Dotan Haim, Nico Ravanilla und Renard Sexton I American Political Science Review I May 2021

COVID-19 als Bedrohung menschlicher Sicherheit

Das Institut für Entwicklung und Frieden (INEF), Universität Duisburg-Essen, ist erneut am Friedensgutachten beteiligt
29. Juni 2021
Marjan Blan I Unsplash

Das Friedensgutachten 2021 fordert unter dem Titel „Europa kann mehr!“ eine pro-aktivere Rolle der EU auf der weltpolitischen Bühne ein. Das Kapitel „Nachhaltiger Frieden“ buchstabiert diesen Anspruch für den Umgang mit der COVID-19-Pandemie aus und plädiert für globale Solidarität. Diese kann jedoch nur wirksam werden, wenn staatliche Strukturen vor Ort funktionieren. Dieser Beitrag fasst einige wichtige Ergebnisse zusammen.

COVID-19 löst nicht unmittelbar kollektive Gewaltkonflikte aus. Aber die Pandemie ist eine Gefahr für die menschliche Sicherheit, also die Unversehrtheit und Würde der Menschen. „Leave no one behind“ – die Leitlinie der SDG-Umsetzung, niemanden zurückzulassen – steht aktuell vor neuen Herausforderungen. COVID-19 bedroht dabei nicht allein die Gesundheit, sondern zeigt negative Auswirkungen auf die meisten SDGs. So ist die Bekämpfung von Armut und Ernährungsunsicherheit gefährdet; die prekär Beschäftigten am Anfang der globalen Lieferketten sind unmittelbar von der Krise betroffen; es gibt zudem Anzeichen, dass geschlechtsbezogene Gewalt insbesondere im privaten Bereich in der Pandemie zugenommen hat. Viele Frauen haben – gerade auch gegenüber gewaltbereiten Partnern – an Schutz und Ausweichmöglichkeiten verloren. Eine Studie der Münchner Sicherheitskonferenz bezeichnete die Situation folgerichtig als „Polypandemie“ (Eisentraut et al. 2020).

Pandemiebekämpfung beginnt zuallererst vor Ort. Für alle Staaten, ob demokratische oder autokratische, gilt gleichermaßen: Schwache staatliche Institutionen sind neben schlechten Politiken ein zentrales Hindernis. Insbesondere sind ländliche und schwer erreichbare Regionen seit Jahren gegenüber urbanen Regionen beim Zugang zu staatlichen Basisdienstleistungen (z.B. sauberes Wasser, Energie, Sicherheit) benachteiligt. Aber auch der Zugang zum Gesundheitssystem steht nicht allen Gruppen gleichermaßen offen. Beispielhaft hierfür stehen indigene Volksgruppen in Bolivien, Peru, Bangladesch oder Tansania, die oft keinen Zugang zu Informationen haben und staatliche Gesundheitsinstitutionen nur schwer erreichen.

Misstrauen in den Staat erschwert Pandemie-Bekämpfung

Ein weiteres schweres Hindernis für eine erfolgreiche Pandemiebekämpfung ist das Misstrauen, das die Bevölkerung dem Staat entgegenbringt. Eine mögliche Folge sind nur schleppende oder gar ausbleibende Informationen über das Infektionsgeschehen vor Ort, was die Bekämpfung der Pandemie erschwert. Es gibt jedoch Möglichkeiten für den Staat, gemeinsam mit lokalen Autoritäten das Vertrauen (teilweise) zurückzugewinnen, wie etwa eine Studie für die Philippinen zeigt (Haim et al. 2021).

Die Reaktionen auf die Pandemie bedürfen zugleich einer weltweiten Kraftanstrengung. Die EU ist gefordert, im Sinne globaler Solidarität nennenswerte Finanztransfers für den Globalen Süden auf den Weg zu bringen, die den vulnerablen Teilen der Bevölkerung zugutekommen. Schuldenerleichterungen sind die Voraussetzung, dass arme Länder des Globalen Südens zusätzliche Mittel für die Bekämpfung der direkten und indirekten Pandemiefolgen mobilisieren können.

Internationale Unterstützung ist dringend notwendig

Die COVID-19-Pandemie hat in den SDGs zu neuen Herausforderungen geführt, die es gilt in den kommenden Monaten und Jahren gemeinsam in einer vernetzten Welt anzugehen. Im Gesundheitsbereich geht es darum, die Grundversorgung in vielen Ländern aufrechtzuerhalten und den Zugang zu den staatlichen Gesundheitssystemen für alle Bevölkerungsgruppen auszuweiten. Für die notwendigen Investitionen sind die Regierungen im Globalen Süden auf internationale Unterstützung angewiesen. Es gilt daher, bestehende Initiativen, wie etwa die Zusammenarbeit der EU mit der Afrikanischen Union (AU), weiter auszubauen. Auch bei der Versorgung mit COVID-19 Impfstoffen ist der Globale Süden auf internationale Solidarität angewiesen.

Aber auch über das Gesundheitssystem hinaus, hat die Pandemie erkennbar negative Auswirkungen auf das bislang Erreichte bei der Umsetzung der SDGs gehabt. Es gilt hier aktiv nachzusteuern, um einen dauerhaften Abwärtstrend zu verhindern. Ein Rückschlag in der Armutsbekämpfung lässt sich im Zeichen der Pandemie nur abfedern, wenn die Marginalisierten im urbanen Raum mitberücksichtigt werden und soziale Sicherungssysteme sowie arbeitsmarktpolitische Instrumente ausgebaut werden. Die Pandemie hat nicht zuletzt die Gefahr internationaler Abhängigkeiten und die Krisenanfälligkeit globalisierter Lieferketten aufgezeigt. Eine partielle Entkopplung der Lebensmittelmärkte, kürzere Lieferketten, vermehrt lokale Produktion und das Prinzip der Nahrungsmittel-Souveränität können helfen, zukünftigen Krisen vorzubeugen. Die Industrieländer müssen auch jenseits der Landwirtschaft die Lieferketten umgestalten und regulieren.

Die Arbeitsgemeinschaft Frieden und Entwicklung (FriEnt) ist ein Zusammenschluss von staatlichen Organisationen, kirchlichen Hilfswerken, zivilgesellschaftlichen Netzwerken und politischen Stiftungen.

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